Ai Weiwei, 1957 in Peking geboren, gilt - so der Brockhaus - als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler und obendrein als Kritiker autoritärer Machtverhältnisse. Sein engagiertes Eintreten für Gerechtigkeit in seiner Heimat China brachte ihn unweigerlich in die Schusslinie der Staatsmacht: Ob es das neu errichtete Atelier in Schanghai war, das von der Stadtverwaltung abgerissen wurde, die lange Zeit der Überwachung und Bespitzelung, der Hausarrest, das Redeverbot oder die 81-tägige Isolationshaft, die Sorge um das Wohl seiner Familie, die millionenschwere Anklage wegen angeblicher Steuerhinterziehung, all das brachte Ai Weiwei nicht zum Schweigen. In der Zeit seiner Haft wuchs in ihm der Entschluss, seinem damals zweijährigen Sohn die eigene Lebensgeschichte aufzuschreiben, „um meinem Sohn ehrlich zu erzählen, wer ich bin, was das Leben für mich bedeutet, warum die Freiheit so wertvoll ist und warum ein autoritäres Regime die Kunst fürchtet“.
Diese Lebensgeschichte lässt der Künstler mit dem Lebensweg seines eigenen Vaters beginnen: Ai Qing (1910-1996), ein bekannter chinesischer Lyriker, der sich einst der kommunistischen Bewegung anschloss, dann aber politisch in „Ungnade“ fiel und über Jahre hinweg als Staatsfeind in Umerziehungslager verbannt wurde - Ai Weiwei als Kind und Jugendlicher war von 1961 an dabei.
Die Lebensgeschichte beider (Ai Weiweis und die seines Vaters) legen ein beredtes Zeugnis von staatlicher Willkür auf der einen und der Leidensfähigkeit und dem Mut der Drangsalierten auf der anderen Seite ab. Ai Weiwei lässt dabei auch dichterische Texte seines Vaters sprechen, genauso wie seine eigenen Kunstprojekte, von denen er erzählt. Beeindruckend sind seine Statements zur Kunst und zur Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft, kritisch gegenüber den Mitläufern in seiner Heimat, kritisch aber auch gegenüber dem „freien“ Westen: „Leider verliert die Freiheit, die die Menschen im Westen so genießen, ihre Bedeutung, wenn der Westen woanders nicht für die Freiheit kämpft“.
Erinnerungen, die dem in Sicherheit und Freiheit lebenden Westeuropäer den eigenen Horizont erweitern. Zugleich muss man unweigerlich den Hut vor denen abnehmen, die nicht klein beigegeben haben.
{Empfohlen von Ralf Stötzer}
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